Moni­ka Streule

Das Ziel des For­schungs­pro­jekts ist die Ana­ly­se aktu­el­ler urba­ner Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se in Mexi­ko-Stadt. Der Fokus liegt dabei auf den höchst dyna­mi­schen städ­te­bau­li­chen Ent­wick­lun­gen in Mexi­ko, den „mega con­jun­tos habit­a­cio­na­les“. Dies sind Woh­nungs­bau­pro­jek­te mit Tau­sen­den iden­ti­scher zwei­ge­schos­si­ger Häus­chen auf aus­ge­dehn­ten, zuvor meist land­wirt­schaft­lich genutz­ten Flä­chen der städ­ti­schen Peri­phe­rie. Die Libe­ra­li­sie­rung des staat­li­chen Wohn­bau­mark­tes zu Beginn der 1990er Jah­re durch eine Ver­fas­sungs­än­de­rung lie­fer­te eine zen­tra­le Grund­vor­aus­set­zung für die Initi­ie­rung die­ser Gross­pro­jek­te. Damit ver­bun­den war eine Teil­pri­va­ti­sie­rung der seit 1917 kom­mu­nal ver­wal­te­ten Grund­stü­cke, den soge­nann­ten Eji­dos. Die grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der seit über sieb­zig Jah­ren sta­bi­len boden­recht­li­chen Grund­la­ge hat­te einen star­ken Ein­fluss auf die Urba­ni­sie­rung von Mexi­ko-Stadt. Sie mar­kiert einen Über­gang vom Modell des Selbst­baus zu den „mega con­jun­tos habit­a­cio­na­les“, einem städ­te­bau­li­chen Modell einer staat­lich kon­trol­lier­ten und gleich­zei­tig markt­för­mi­gen Form der Urba­ni­sie­rung. Die Gross­pro­jek­te wer­den stark durch die „ public pri­va­te part­ner­ship“ von staat­li­chen Insti­tu­tio­nen und pri­va­ten Bau­kon­zer­nen geprägt. Obwohl die­se neu ent­ste­hen­den Gross­über­bau­un­gen in den letz­ten Jah­ren ver­mehrt als Bei­spie­le zeit­ge­nös­si­scher städ­ti­scher Ent­wick­lung und Pla­nung im Kon­text der Glo­ba­li­sie­rung, der wirt­schaft­li­chen Libe­ra­li­sie­rung und der staat­li­chen Restruk­tu­rie­rung Mexi­kos ana­ly­siert wur­den, steht Mexi­ko-Stadt im inter­na­tio­na­len aka­de­mi­schen Dis­kurs heu­te nach wie vor als Bei­spiel für infor­mel­le Urba­ni­sie­rungs­stra­te­gien durch Selbst­bau. Gebau­te Stadt ent­steht dabei haupt­säch­lich durch Boden­be­set­zung mit dar­auf fol­gen­den Aus­hand­lun­gen zwi­schen den neu­en Bewoh­nern und der Regie­rung, um nach­träg­lich eine gewis­se Regu­lie­rung der Bau­ten zu erlangen.

Eine ver­tief­te Ana­ly­se die­ser aktu­el­len Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se im Rah­men des vor­lie­gen­den Dis­ser­ta­ti­ons­pro­jekts soll auf­zei­gen, dass der Bau der neu­en Wohn­kom­ple­xe in Mexi­ko-Stadt viel­fäl­ti­ge Ein­flüs­se auf den loka­len und regio­na­len Kon­text aus­übt. Die unter­schied­li­chen Urba­ni­sie­rungs­pro­zes­se vom Modell des Selbst­baus und dem Modell der „mega con­jun­tos habit­a­cio­na­les“ sol­len dabei nicht getrennt von­ein­an­der ana­ly­siert, son­dern mit Hil­fe eines rela­tio­na­len Kon­zepts von Raum ein­an­der kri­tisch gegen­über­ge­stellt wer­den. Das bedeu­tet im kon­kre­ten Fall, dass die sub­ur­ba­nen Neu­bau­sied­lun­gen nicht als iso­lier­te und dekon­tex­tua­li­sier­te Stadt­tei­le gese­hen wer­den, son­dern als inte­gra­le Bestand­tei­le sehr dyna­mi­scher loka­ler, regio­na­ler sowie auch glo­ba­ler sozia­ler Netz­wer­ke. In dem Auf­ein­an­der­tref­fen von unter­schied­li­chen sozia­len und öko­no­mi­schen Rea­li­tä­ten zeigt sich gera­de an der Peri­phe­rie von Mexi­ko-Stadt ein dyna­mi­sches Aus­han­deln des Städ­ti­schen zwi­schen diver­sen Akteu­ren. Die Regi­on Ixtapa­lu­ca im Süd­os­ten der Stadt ist exem­pla­risch für bei­de die­ser zwei Model­le von Urba­ni­sie­rungs­pro­zes­sen und wird von mir als Fall­bei­spiel für die For­schungs­ar­beit aus­ge­wählt: In der Regi­on befin­den sich das „mega con­jun­to habit­a­cio­nal“ von San Buen­a­ven­tura und das Selbst­bau­ge­biet Val­le de Chal­co Soli­da­ri­dad in unmit­tel­ba­rer Nähe zuein­an­der. Für die Ana­ly­se der Urba­ni­sie­rungs­pro­zes­se wer­den die theo­re­ti­schen Kon­zep­te „Sub­ur­ba­ni­sie­rung“ sowie „Pat­terns und Pathways“ her­an­ge­zo­gen und für den spe­zi­fi­schen Fall bespro­chen sowie neu defi­niert. Die Ent­wick­lung einer geeig­ne­ten trans­dis­zi­pli­nä­ren Metho­dik für die Erfas­sung und die Ana­ly­se die­ser kom­ple­xen Pro­zes­se ist ein zwei­tes zen­tra­les Ziel des Forschungsprojektes.

Abschluss: April 2016